Ein Bandleader blickt zurück  Foto Probelokal 77

LK: Man könnte durchaus im Nachhinein dieses ganze Metzlutzka's Erben Paket
an Ideen und Musik irgendwo als Gesamtkunstwerk sehen. Mir taugt an
Metzlutzka's Erben, daß es relativ eine runde Sache war. Es war eigentlich
fast nichts schlecht, weil alles ehrlich war. Und wenn wir einen Scheiß
gemacht haben, dann haben wir den mit vollster Überzeugung gemacht. Und
so gesehen, war es bestimmt eine wertvolle Sache. Ich glaube, daß das
vielen Leuten irrsinnigen Spaß gemacht hat, daß es Leute gibt, die
professionell blödeln, aber mit dem Touch, daß man dieses Blödeln ge-
wissermaßen ernst betreibt von der Musik her. Weil geprobt haben wir ja
eigentlich immer viel. Und die Stimmung, wenn ich mir alte Bänder anhöre
besticht auch noch heute. Und ich bin wirklich stolz auf das, was damals
entstanden ist. Die Quintessenz war immer nur das zu machen, was andere
nicht machen. Und darin hat sich auch das Leben gespiegelt. Wir wollten
immer anders sein, als die anderen sind.
Ich habe damals die Partie sicher sehr egoistisch betrachtet. Es ist
damals sehr viel passiert, was ich an und für sich ausgebrütet habe.
Es hat aber komischerweise so geklappt, daß sich die anderen nicht be-
nachteiligt gefühlt haben, sonst hätte die Partie nie solange halten
können.
Außerdem hat es damals keine Partie gegeben, die irgendwelche operetten-
haften oder komödiantische Sachen in ein Programm genommen hat. Weil
das war vor der Hallucination Company. Die Drahdiwaberl hat es schon
gegeben, aber für mich war das vordergründiger Humor, so wie ein Bud
Spencer Film auf ein Publikum zugeschnitten ist. Man weiß, wenn man
hineingeht, was einen erwartet. Man kriegt das serviert, man lacht darüber
und man geht wieder hinaus. Nur wir haben uns immer vorgestellt, daß
Leute hereinkommen und nicht wissen, was sie erwartet. Sie kriegen z.B.
gar nichts vorgesetzt und dann gehen sie wieder hinaus. Das war immer
das Hauptanliegen. Und wenn eine Melodie gegroovt hat, haben wir probiert,
wann ich sie bremsen kann, damit was anderes kommt und die Leut herunter-
bringt.

Und diese ganzen Peinlichkeiten waren gesteuert, egal ob sie jetzt
professionell oder unprofessionell ausgeführt wurden. Wir haben sehr gerne
die Leute vor den Kopf gestoßen. Nicht auf ungut, aber so nach dem Motto:
Seht's Burschen, so geht's auch ! Wie wenn du eine Bowlingkugel in die
Bahn wirfst und plötzlich läuft sie ganz anders, obwohl jeder sagt, die
geht dort und dort hinein. Und sie geht immer dort hinein, weil eine
Bowlingkugel läuft nun einmal so. Und die hört nicht plötzlich auf und
explodiert und die Trümmer fliegen auf dich zu und bevor sie dich treffen
sind es rote Mascherln und Schmetterlinge und fliegen fort. Und das war
unser Bestreben. Der musik eine Wendung zu geben, die ins total Vertrot-
telte abrutschen kann, wo jeder nachher sagt: aha, jetzt ist es aus und
jetzt muß ich wahrscheinlich klatschen. Und das ist eigentlich gut
gelungen.
Und das ist immer das, was ich suche in meiner ganzen musikalischen
Laufbahn: Unterhaltung ! Es ist nämlich egal, ob du durch einen Horrorfilm
unterhalten wirst, oder durch eine Komödie. Es kommt darauf an, daß du
unterhalten wirst. Weil die Leute sind sehr abgestumpft, ich sehe das an
mir selber. Wenn du in der Bim sitzt, siehst du Einzelschicksale und du
nimmst das alles nicht ernst. Du denkst dir irgendwo: das geht mich nichts
an. Wenn du das ganze aber auf einer Bühne siehst, dann wirst du einbezogen.
Das ist die Macht, die du hast, wenn du auf einer Bühne bist. Du kannst dem
Abend jedweden Drall geben. Du kannst ihn so gestallten, daß die Leute
hinausgehen und fröhlich aufatmen - siehe Kabarett nach dem Motto: hab
ich mir schon immer gedacht - oder du kannst ihnen ein beklemmendes
Gefühl geben, wie Kabarett nach dem Motto: das hab ich mir überhaupt
noch nie gedacht. Du kannst ihnen alles geben. Es ist egal was.
Und überhaupt arbeite ich wahnsinnig gerne zusammen mit Leuten, die etwas
machen. Ich hasse nichts mehr, als fade Leute. Ich brauche von jedem
Menschen einen immensen Rucksack an Substanz. Und so war halt bei
Metzlutzka's Erben irgendwo ein jeder.
 
 

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