Ö3 Musicbox  30.April 79  Wiener Blutrausch   (Auszug)

Ansager: Sie nannten ihn "Blutrausch". Fünf wiener Gruppen produzieren
gemeinsam eine LP. Inspektor Marod steht vor ungeklärten Fragen:

Wer steckt hinter der Firma Mordbuben AG ?
Warum gibt es Erben des Namens Metzlutzka, wenn dieser Name
gar nicht im Telefonbuch steht ?
Kann ein Sprachpolizist erklären, was ein Drahdiwaberl ist ?
Warum ist alles Chuzpe, wenn man aus einem Hotelzimmer
auf die wiener Musikszene schaut ?
Was ist Minisex ?

Exposition:
Beim Namen Metzlutzka verspricht sich fast jeder und er steht
in keinem wiener Telefonbuch. Das seien für Metzlutzka's Erben
die Kriterien gewesen, diesen Namen zu wählen, sagt die Gruppe
heute. Sie existiert seit 1975 in ständig wechselnden Besetzungen
und ist erst nach zwei Jahren Arbeit in ihrem Probelokal zum
ersten Mal öffentlich aufgetreten.
LK: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, daß wir nicht wie viele andere
österreichische Partien einmal acht Jahre grundeln, bis man dann
endlich einmal Manna und Bussi kriegt, sondern daß es auch möglich sein
muß, eigentlich von Anfang an gleich da zu sein. Der einzige Rückhalt
ist Qualität. Viel üben, exakt sein, das bringt dann den Hammer. Und
den kannst du eigentlich größtenteils nur dann haben, wenn du lange
übst.
Ansager: Die Gruppe ist seit 1977 bei diversen Musikfesten und Festivals
aufgetreten und hat im wiener Theater der Jugend zu zwei
Stücken die Musik gemacht. Und sie gilt, wie die Mitglieder der
Gruppe bestätigen als überheblich.
PH: Die Leute kommen immer zu uns und sagen, ihr seids überheblich, ihr
seids halbe Profis, ihr dürftet da gar nicht spielen und ich glaube,
daß die Leute deswegen den Eindruck haben, daß wir überheblich sind,
weil wir im Gegensatz zu allen Punkern und zu manchen New mp3e
Gruppen unsere Instrumente stimmen und Wert darauf legen, daß man
jedes Instrument unterscheiden kann, soundmäßig und daß wir nicht
so laut sind, daß die Leute schon Kopfweh haben und daß sie hinaus-
gehen, weil das so ein Lärm ist. Unsere Überheblichkeit kommt ver-
mutlich daher, daß wir eine Gruppe sind und wir spielen die Musik,
während andere Gruppen die spielen, wir sind jetzt eine Rockgruppe,
so wie andere Leute Indianer spielen oder Kaufmannsladen spielen,
spielen manche Gruppen, wir sind jetzt eine Rockgruppe. Und die
Leute, die jetzt auf der Bühne eine Rockgruppe sehen wollen, denen
gefallen dann halt die Punker und die Leute, die auf der Bühne Musik
hören wollen, denen gefallen dann wir.
Ansager: Wir haben am Cafehaustisch dem Blutrauschprojekt zugestimmt.
Besondere Ambitionen haben wir damit keine. So stellt sich das
für Leopold Koller den Pianisten von Metzlutzka's Erben dar.
Ein ideologisches Konzept gäbe es bei der Gruppe sowieso nicht
und ein einheitlich musikalisches auch nicht. Sie sind Durch-
schnittsbürger mit alltäglichen Sorgen, sagt Koller über
Metzlutzka's Erben.
LK: Es war kein besonderes Konzept dahinter. Die Nummern, die auf der
Platte sind, das ist eigentlich ein Sampler von allen unseren
Expressionen, die wir bis jetzt versucht haben ans Publikum heran-
zubringen. Wenn du dir die Nummern anhörst, wirst du draufkommen,
da ist alles drinnen. Ein großer Aufatmer geht durch die Reihen nach
dem Motto: naja, alles was wir in zwei Jahren gemacht haben,
oder in drei Jahren, ist jetzt auf neun Minuten Platte gepreßt und
jetzt können wir - ich meine da siehst du, wie ironisch wichtig ich
unser Dasein in Wien nehme. Verstehst du, sechs Minuten Metzlutzka's
das erspart dir zwei Jahre Popgeschichte. Und der Abschluß der Platte
ist irgendwie der Startschuß jetzt weiter zu arbeiten. Ganz einfach
wieder etwas zu probieren. Was neues zu machen. Wie in einer Werk-
stätte, wenn ein Werkstück fertig ist.
 

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