"Mariannes Madhouse" Schwabinger Bräu - München 31.März 80
LK: Das Lustigste an München war, wie wir dort waren den Vorvertrag unter-
schreiben. Der Schön Hansi, der Michi, der Schursch und ich. Am Tag der
Abreise hat der Schursch gesagt, wir fahren um 2 Uhr früh weg, weil da ist
am wenigsten Verkehr. Das hat ja gestimmt, nur wir haben bis 4 Uhr früh
Geschnapst zu Hause in der Küche. Der Schursch hat uns immer mit seinen
komischen drei- oder achtfach gebrannten Barrack, die ausgeschaut haben
wie durchsichtiges Motoröl, fest eingeschenkt. Und in der Früh war dem
Hans dann total schlecht. Er konnte aber nicht kotzen. Aber wir haben
gesagt, wir fahren nicht, bevor der Hans nicht gespieben hat. Da ist der
Schursch in die Küche gegangen und hat von einem Gurkensalat den Saft
genommen, hat ihn dem Hans zum Trinken gegeben und gesagt: "Trink das,
weil entweder ist dir dann gut oder du speibst sofort, dann ist dir auch
gut !" Der Hans hat zwei Schluck gemacht, ist in den Hof hinaus gerannt
und hat total gekotzt. Dann hat er gesagt er fährt nach Hause, weil ihm
so schlecht ist, daß er nicht mehr nach München fahren kann. Daraufhin
haben wir ihn geschnappt und zwangsmitgenommen. Das war wirklich die
allerärgste Partie meines Lebens. Stell dir vor, vier wilde Burschen aus
Wien, übernachtig und besoffen in München. Zwei Tage lang. Das war das
Schönste, das ich je in meinem Leben erlebt habe. Wir waren dort Enfant
Terribles. Es ist unvorstellbar, was wir dort aufgeführt haben. Uns haben
sie überall hingeschleppt, in die ärgsten Nachtlokale. Da hat der Michi
bei einer Frau geschlafen und ich wollte diskret sein und erst später
kommen. Also bin ich von 8 bis 10 durch München gegangen. Aus jedem zwei-
ten Haus hast du Orgelmusik gehört und überall stand der hochglasierte
BMW vor der Tür. Wie in einer Vorstadt vom Vatikan. Kein Papierl auf der
Straße, nichts. Ich bin also total angesoffen in den McDonald hinein auf
ein Bier und einen Hamburger und auf der Hand habe ich mir aufzeichnen
lassen, wo ich bin. Weil ich habe gewußt, daß ich mich garantiert verirre,
vor allem so besoffen. Und dann bin ich zwei Stunden durch München ge-
gangen, bis ich mir gedacht habe: Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr wo
ich bin, ich fahre mit dem Taxi zurück. Ich setze mich also ins Taxi hin-
ein und sage, wo ich hin will. Daraufhin fährt der Typ ums Eck und sagt:
"So, da sind wir !"MT: Für München haben uns dann die Inkognito ihren Bus geborgt, weil wir
damals keinen eigenen hatten. Das war ein zehn Jahre alter grüner
Transit von irgendeinem Vermessungsdienst, der ist schon ungeladen auf
allen Vieren daher gekommen. Und wir haben ihn natürlich komplett
beladen mit Keyboards, Zeugl, alles.
FB: An und für sich war in dem Bus alles drinnen um jederzeit irgendwo
einen Gig zu machen. Es war auch eine kleine PA drinnen. Diese geleaste,
die da im Proberaum herumgestanden ist.
MT: Dazu muß ich noch sagen, daß wir da eine PA quer durch Europa geführt
haben, wo der Kuckuck draufgeklebt ist.
FB: Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch dem ORF ein Interview gegeben über
Rauschgift, das genau an dem Tag ausgestrahlt wurde, als ich in München
war. Und die ganze Firma hat mich im Fernsehen gesehen, worauf mein
Stern in dieser Firma natürlich auf den Nullpunkt gesunken ist.
MT: Der Gig war dann im Veranstaltungssaal eines großen Kaufhauses mit
unterirdischem Zugang durch die Großküche. Und kurz vor dem Gig sind
dort der Hansi Lang und der Jürs Michi aufgekreuzt. Die waren zufällig
in Deutschland, weil sie eine Anlage einkaufen wollten. Und der Hansi
hat dann das berühmte Metzlutzka's Erben Gewurl am Anfang der Show
dirigiert.
HS: Es war so. Also wir kommen nach München und hängen den ganzen Tag herum,
ich urfertig, weil du weißt eh, nächtelang gesessen im Camera Club und so.
Und am Abend dann auf der Bühne, der Vorhang geht auf und wir sehen un-
gefähr 400 Nazis. Ich weiß nicht, was sie sich gedacht haben, aber ich habe
abgeschnallt. Und der Poidl hat richtig gemeint: "Also wir sind jetzt alle
zu siebent da in einem kleinen VW Käfer heraufgekommen nach München, sind
dreimal kontrolliert worden, zwei Reifenplatzer haben wir gehabt und jetzt
sind wir da. Und ich habe mir München angeschaut und ich finde das Lei-
wandste an München ist der würstelmann gegenüber von da." Der Gig war
dann sehr chaotisch, weil mir ist eine Saite gerissen 12 Sekunden vor dem
Solo, aber ich habe es geschafft eine neue aufzuziehen.LK: Beim Auftritt haben wir eine Nummer mit dem Titel "Spanking Ranking"
gespielt. Da bin ich mit einer zerrissenen Strumpfhose und Straps über
die Bühne gelaufen und habe geschrien: "Was macht ein zersägter Frauen-
torso auf dem Speicher ?" Dann habe ich den Text vergessen und habe impro-
visiert und mir gedacht, am besten wäre es jetzt, wenn du dich am Boden
wuzelst. Dann habe ich mich also am Boden gewuzelt und habe gekreischt:
"Was macht ein zersägter Frauentorso am Speicher ?" Das haben die Pifke
mitgekriegt.
HS: Wir haben ein Riff gespielt das ging: tat tatat tat tat tatat. Das hat
die ganze Band gespielt und er hat irgendwelche schweinischen Meldungen
losgelassen und ist eigentlich nur mit dem Korsett oder Mieder oder so,
auf der Bühne herumgezappelt und wir haben nur gespielt tat tatat tat.
Daraufhin Pfeifkonzert und so, buh, abtreten, gehts scheißen, zurück nach
Wien und so. Totales Chaos, das war ein Eklat schlechthin. Jedenfalls am
Schluß ist er dann mit der Ziehharmonika herausgekommen und hat ange-
rissen 'Sag zum Abschied leise Servus' und da sind sie dann ausgekühlt
die Deutschen. Und da sind wir alle herausgekommen und haben das auf
Punk angerissen und das war wieder ein Eklat und dann sind wir wieder
abgetreten.
HK: Es waren auch ziemlich hohe Eintrittspreise und außerdem haben zur
selben Zeit im Zirkus Krone die Who gespielt. Und das war die Krise.
MT: Auch München ist nicht so groß.
FB: Und ich habe dann einen Auftritt gehabt, indem ich mit einem grünen
Overall und mit einer weißen Perücke über die Bühne gegangen bin.
HS: Ja und der Zeugler hat sich irrsinnig depert aufgeführt und hat gemeint:
"Das geht nicht so, das ist total unprofessionel, also die Präsentation
ist furchtbar !" Der Poidl war völlig verunsichert, wollte ein ganz neues
Bühnenimage entwerfen. Er hat mir da eine Zeichnung gezeigt, von ein paar
so Haberern mit Schneebrillen und ich habe gemeint: "Nein, das ist nicht
meines, also da gehe ich dann."FB: Eigentlich war ja geplant - und deswegen habe ich auch die komplette
Anlage mitgeschleppt - daß man dann irgendwo in anderen Lokalen noch
ein paar Gigs anhängt. Das hat sich aber dann dadurch zerschlagen, daß
der Gig an und für sich kein Erfolg war. Und außerdem ist der liebe
Herbie und noch ein paar andere sofort nachher abgefahren.
HK: Ja der Herbie hat damals gesagt: "Ich hab genug, ich will sofort meine
Kohle und fahre nach Hause !" Ich bin dann mit ihm gefahren, das heißt
eigentlich haben wir uns nur von einem Rasthaus zum nächsten, beziehungs-
weise von einem Kaffee zum nächsten bei strömendem Regen durchgekämpft.
FB: Aber ich war ja noch mit der ganzen Anlage in München und habe noch
eine ganze Woche Urlaub gehabt. Nachdem ich also dann eine Nacht bezahlt
in einer Pension genächtigt habe, habe ich zwei Tage bei einer Frau ge-
schlafen und dann noch mit dem Hansi Lang in irgendeiner Wohnung.
Da bin ich mit zwei Frauen in ein Beisl gegangen, wo der Fassbinder
verkehrt hat und an und für sich nie Frauen drinnen sind, weil es ein
Schwulenlokal ist. Und da gehe ich mit langen roten Haaren hinein und
der Kellner hat mich angeblinzelt, daß es mir kalt und warm geworden
ist. Dann war ich noch mit dem Hansi in Discotheken der abstrusesten
Natur und in einem Lokal, wo mir beim Hereinkommen eine Frau mit Glatze
um den Hals gefallen ist.
MT: Da kann man sagen, ein Roadie von Metzlutzka's Erben alleine in der
Fremde und sofort total tief in der Travestie und Schwulenscene drinnen.
FB: Für mich war München der Höhenflug. Es gibt Leute, die leben für das,
was sie machen. Sie sagen dir nicht, wer es zahlt, aber sie zeigen dir
einmal, daß es möglich ist. Und für mich war es bis vorher nicht möglich.
Ich habs einfach nicht in Betracht gezogen, weil ich war immer auf
Weltfrust unterwegs. Deswegen bin ich dann, wie ich in Wien war sofort
in die Camera gegangen, damit ich wieder herunterkomme von dem Trip.
Ja, sicher landen in Wien, wo macht man das am besten ? In der Camera !