WEM GEHÖRT DER ROCK'N'ROLL Renaissance Theater 29.1.- 5.4.79GP: Unabhängig davon, daß gerade "Draußen in der Stadt" gelaufen ist, haben
der Günter Brödl und ich uns oft getroffen. Und da ist sehr vage gesagt
worden, daß man einmal etwas mit den Erben machen könnte. Das
kuriose Unwienerische dabei ist halt, daß ein Jahr später wirklich
der Vorhang aufgegangen ist.
Der Brödl hat also ein klassisches Überbaukonzept geschrieben und ist
mit dem Peter Gruber zum Zbonek. Und der Zbonek hat daraufhin alle
Erben zu sich ins Büro bestellt und wir haben einmal geredet und
der Zbonek war irrsinnig lustig und locker. Dann habe ich eine Option
mit ihm verfasst, die später noch sehr wichtig werden sollte.
Dann hat offensichtlich der Brödl geartet, bis wir jede Menge Nummern
schreiben und die Band hat gewartet, daß sie genauere Weisungen von
den Theatermenschen bekommt. Es hat also jeder auf jeden gewartet.
Und als ich einmal rein zufällig im Renaissance Theater war, treffe
ich im Stiegenhaus den Brödl und der meint im Vorbeigehen: "Ja übrigens
die Partie ist draußen !" Ich habe mir gedacht, ich höre schlecht und
bin sofort hinaufgegangen in die Direktion. Dort sind schon gesessen:
der Zbonek, künstlerischer Direktor, der Gallob, kaufmännischer Direktor,
der Brödl als Autor ist gleich wieder mitgekommen und der Greisen-
egger vom Personalbüro und haben gemeint: "Metzlutzka's Erben
out of business !" Darauf habe ich gesagt: "Ich kann das ja alles total
verstehen, daß sie unzufrieden sind, weil die Erben nicht pausenlos
produzieren, aber ich bin in der Zwickmühle, weil ich bin ja denen
auch verpflichtet. Und jetzt muß ich auch noch klagen, daß ist so
unangenehm." Und dabei habe ich für jeden sichtbar die Option in der
Hand gehalten, weil versprochen ist versprochen. Daraufhin hat eine
vierstündige Diskussion eingesetzt und danach waren wir wieder im
Geschäft drinnen. Dann bin ich in den Proberaum und habe versucht,
das alles auch der Partie zu erklären. Daraufhin hat sich tatsächlich
etwas geändert. Es ist endlich was weitergegangen und es ist konkreter
geworden.LK: Das Drehbuch, das er geschrieben hatte war natürlich viel zu viel
und so hat er gemeint, wenn ich Ideen habe, soll ich das auch ein-
bringen. Das ist auch geschehen und zwar beim Mario Bottazzi.
Da habe ich mich immer mit dem Gruber in der Wohnung vom Bottazzi
getroffen und wir sind die Sachen, die der Brödl geschrieben hat
durchgegangen und sind draufgekommen, daß eigentlich wirklich
garantiert 60% nicht zu machen sind beziehungsweise nicht gut sind
und anders gemacht gehören. Dann hat der Gruber mit dem Bottazzi und
mir das umgemodelt und es ist vieles anders gemacht worden.
FB: Irgendwann in dieser Zeit wurde mir angeboten, das Manuskript des
Herrn Günter Brödl, das sich als Monumentalstück über 8 Stunden
erstreckt hätte, umzuschreiben. Der Peiritsch hat gesagt: "Da nimm es
dir und kürze es !"HK: Jedenfalls am 18.Jänner 79 war es dann endlich soweit, daß Gernot
Axmann und ich unsere Verträge als Tontechniker für "Wem gehört der
Rock'n'Roll" im Renaissance Theater unterschrieben haben und sofort
mit der Her- und Zusammenstellung des nötigen Equipments begannen.
Doch schon vier Tage später, am 22.Jänner 79 erfolgte wieder ein
Rückschlag. Fritz Fichtenbauer der Besitzer des Proberaumes in der
Abelegasse, ließ das Lokal unverzüglich räumen.
MT: Die Räumung durch ihn war schon etwas mutwillig und so weiter, weil
er hat ja ganz genau gewußt, daß wir eigentlich einen Proberaum brauchen.
Aber jeder Ausstieg bei den Erben hat immer einen Schatten hinterlassen.
Es war dann immer so, daß man sich dann gut ein Jahr lang nicht mehr
richtig in die Augen schauen hat können. Der Koller hat dann irgend-
eine Terroraktion gemacht mit Schaum im Proberaum. Es waren dann so
richtig böswillige Sachen.
HK: Das heißt, ihr seid dann genau eine Woche vor dem Probenbeginn auf
der Straße gestanden.
LK: Ja und dann haben wir am 29.Jänner 79 in der Rienösslgasse auf der
Probebühne zu spielen begonnen. Und der Habersack hätte irgendwas
machen sollen bei 'Holiday in Ibiza'. Mit dem Stock hätte er gehen
sollen. Aber nachdem der Habersack ja zu fast jeder Bewegung unfähig
ist, ging das dem Gruber total auf die Nerven und er hat dann eine
Version gemacht, die dem Habersack entsprochen hat. Es ist sehr viel
am Peda gelegen damals.
HK: Am 14.Februar 79 begannen ja dann die Proben am Theater selbst und
Gernot und ich haben unser notdürftig zusammengestelltes Sound-
Equipment schnell aufgebaut, damit es endlich richtig losgehen konnte.
Und in den Nächten haben wir noch immer an der Fertigstellung der
endgültigen Tonanlage gearbeitet. Von Schlaf war damals kaum die Rede
für uns Techniker.HK: Am 17.Februar 79 fanden dann im Schmetter Sound Studio die Aufnahmen
für das Playback von 'Holiday in Ibiza' und am 24., 25.Februar 79
im Cloud One Studio die Aufnahmen für alle anderen benötigten
Musikstücke statt.
Am 7.März 79 konnten Gernot und ich endlich in achtstündiger Arbeit,
zu zweit die komplette Tonanlage aufbauen.
Am 8.März 79 war dann Kostümprobe und der erste Durchlaufer und
am 15.März 79 war endlich Premiere.
Aber der Gruber ist ja damals noch während der Proben irgendwann
einmal erkrankt oder zusammengebrochen, oder ?
LK: Ja der ist wegen uns in den Stand gegangen. Da haben wir ihn an und
für sich geschafft gehabt.
GP: Das Ensemble dort war ja permanent gegen uns, weil das sind ja alles
Berufsjugendliche, die nirgendwo anders ein Engagement kriegen in der
Regel. Und der Müllner war damals wirklich der Pubertäre schlechtweg
und der war damals stolz der einzige Jugendliche zu sein, obwohl er
auch schon über 30 war. Und der wollte immer den Poidl irgendwie
herausfordern, weil er der Jüngste war und das andere Ensemble gegen
uns ohnmächtig war. Und der Poidl und die Partie haben ja wirklich
jedesmal irgendwas anderes gemacht, aber sie haben es beherrscht.
Sie haben zwar irgendwelche Geschichten eingebaut, haben aber nie das
Stück gefährdet. Es war eben ein Spaß, aber Spaß haben die anderen eben
noch nicht gekannt dort und waren immer restlos verwirrt und wollten
immer gegen diese Undiszipliniertheit vorgehen. Und der Müllner hat
immer geglaubt, wenn er diese Unprofis auf der Bühne zur Rede stellt,
fangen sie zu stottern an und er fängt sie dann professionell ab und
klopft ihnen in der Garderobe auf die Schulter und sagt: "Jaja ihr
seht, es ist nicht so einfach und das muß man können !"GP: Und einmal kommt der Poidl humpelnd auf die Bühne und der Müllner
sagt: "Was ist denn jetzt Poldi ?" Und der Poidl sagt: "Na a Cater-
piller ist mir drübergefahren." Und der Müllner: "Und jetzt ?" Poidl:
"Na nix, eine neue Kette muß ich zahlen !" - Gelächter, Pointe auf Poidls
Seite und das Haus steht Kopf.
Die Bühnenarbeiter sind da natürlich total auf uns abgefahren, weil
zum ersten Mal normale Leute im Theater waren.
HK: Apropos normale Leute.
LK: Da war natürlich auch noch die Sache, daß ich dem Günther immer meinen
Gürtel geborgt habe, damit er sich eine Dosis reindrücken kann.
HK: Der Theaterarzt hat ihm ja auch immer, wenn er selbst nichts mehr
gehabt hat, Morphium besorgt, damit er überhaupt hochkommt.
LK: Das war die Hölle. Was ich da immer geredet habe, daß er die zweite
Vorstellung auch spielt, also wirklich. Es war wirklich grauslich.
HK: Während das Stück schon gelaufen ist, ist er auch einmal gekommen und
hatte sein Schlagzeug verkauft, nur um 'H' kaufen zu können. Er hat
dann auf einem ausgeborgten weitergespielt.
LK: Ja. Aber eigentlich sind dann alle 28 Vorstellungen fulminantest über
die Bühne gegangen. Es war ein Erfolg !
HK: Wir hätten noch monatelang weiterspielen können.
LK: Aber ich würde nie mehr wieder den Fehler machen, eine Produktion in
der Größenordnung ohne einen verkäuflichen Tonträger. Und wenn es nur
eine Cassette an der Kassa ist. Das hat uns damals irgendwo das Genick
gebrochen.
HK: Ich habe diese Idee ja gehabt, aber mir hat wie immer niemand zugehört,
weil ein Theatertechniker ist ja sowieso das Allerletzte. Und der
Peiritsch war damals ohnedies überlastet.
LK: Da hätte ein Typ hergehört, der am Schreibtisch sitzt und anruft und
sagt: "Die Burschen kommen jetzt ins Theater und wir machen das und das,
das kostet so und so viel und wird produziert von so und so, oder weiß
der Kuckuck." Aber das war halt leider nicht der Fall.